Tabanus: http://www.schachklub-hietzing.at/c... (homepage of Schachklub Hietzing Wien):Ein namhafter österreichischer Schachfunktionär der Nachkriegszeit feiert am 23. Juli 1995 seinen 85. Geburtstag. Das ist ein Anlass, ihm nicht nur von Herzen zu gratulieren, sondern auch sein für das österreichische Schachgeschehen der Jahrzehnte nach dem 2. Weltkrieg überaus verdienstvolles Wirken entsprechend zu würdigen. Dkfm. DDr. Wilfried Dorazil, Senatspräsident im Verwaltungsgerichtshof, hat das Schachgeschehen in Wien und Österreich entscheidend geprägt. Er war mehr als 30 Jahre Präsident des Schachklubs Hietzing und hat hochrangige Klubturniere veranstaltet. Für Mannschaften des Klubs organisierte er Reisen nach Deutschland, Holland, Skandinavien und Jugoslawien mit interessanten Wettkämpfen in diesen Ländern, aber auch Wettkämpfe in Wien mit ausländischen Spitzenklubs wie Eckbauer Berlin, Königsspringer Frankfurt, Anderssen Bavaria München (heute Bayern München), Partizan Belgrad, Mladost Zagreb, ZSD Maribor u.v.a.
Mit Dkfm. Prochazka wurde eine eigene Jugendgruppe gegründet, die damalige Schulgemeinde, aus der etliche Spitzenspieler hervorgegnangen sind. Durch seinen hervorragenden Einsatz hat DDr. Dorazil, mit Unterstützung des Kuriers, drei Weihnachtsturniere mit namhafter internationaler Besetzung in den Jahren 1950 bis 1954 durchgeführt. Im Jahre 1947 wurde das 1. Österreichische Nachkriegsturnier organisiert, nämlich das 1. Carl-Schlechter-Gedenkturnier, dem in den Jahren 1951, 1961 und 1971 weitere folgten. In Krems veranstaltete er 1967 das internationale Karl-Eybl-Gedächtnisturnier. Auf seine Initiative und Dank der von ihm vermittelten Subventionen veranstaltete der Österreichische Schachbund im Jahre 1953 einen Länderkampf gegen die Spitzen der russischen Großmeister im Wiener Stadtpark (Ergebnis 2½:17½), das Finale der 1. Europamannschaftsweltmeisterschaft in Wien und Baden, die 15. Studentenmannschaftsweltmeisterschaft 1967 in Ybbs, das Zonenturnier 1969 in Raach, usw. Er veranstaltete den Mitropacup für Vereinsmannschaften, der 1953/54 in Wien gespielt wurde.
Überdies war er Chefredakteur des Schachmagazins ab Mitte 1949, ab 1952 der österreichischen Schachzeitung, die bis 1971 bestand. Auch schuf er den Wiener Schachverlag, der als wirtschaftliche Organisation das österreichische Schachleben unterstützen sollte, aber in den anderen Landesverbänden z. T. nicht das gewünschte Echo fand. Als Präsident des Schachklubs Hietzing, der zeitweilig mit seinen 6 Sektionen 500 Mitglieder zählte, feierte er unzählige große Erfolge. DDr. Dorazil war viele Jahre Vizepräsident des ÖSB sowie einige Jahre Präsident des Niederösterreichischen Schachverbands. In seiner Zeit war er auch österreichischer Delegierter und Vizepräsident der FIDE, sowie Zonenpräsident. Er leitete das Qualifikationskomitee der FIDE und erhielt als erster Österreicher den Titel eines Internationalen Schiedsrichters. Als Turnierleiter leitete er die Frauenolympiade in Medellin 1974, eine Studentenolympiade und einen Wettkampf UdSSR gegen Jugoslawien.
Er selbst war auch ein sehr guter Spieler, vor allem im Kombinationsspiel. Am 1. Brett der 1. Klasse (heute etwa die Wiener A-Liga) erzielte DDr. Dorazil 100 %. Da der Schwerpunkt seines Wirkens schon einige Jahre zurückliegt, ist er nur mehr den älteren Spielern und Funktionären ein Begriff. Sein Verdienst ist es aber, dass man anlässlich seines Geburtstages dankbar seiner unschätzbaren Leistungen für das Österreichische Schachleben der Nachkriegszeit gedenkt.
Dr. Ingeborg Kattinger
Helmut Myslik